Fünf Meter hoch, 13 Meter lang und 444 Tonnen schwer: Die größte Gasturbine der Welt ist gleichzeitig die effizienteste. Entwickelt hat sie die Siemens AG für den Einsatz in kombinierten Gas- und Dampf(GuD)-Kraftwerken. Dort werden Gas- und Dampfturbinen kombiniert, womit sie einen größeren Wirkungsgrad als im Solobetrieb erreichen. Hohe Wirkungsgrade sparen Brennstoff und verringern Emissionen – der Grundgedanke hinter der Entwicklung der neuen Gasturbine: Die Umwandlung von fossilen Energieträgern wie eben Erdgas aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen möglichst effizient zu halten.
Die Gasturbine für sich allein hat eine Leistung von 375 Megawatt, in Kombination mit einer angeschlossenen Dampfturbine sind 570 Megawatt möglich. Der Wirkungsgrad von 60 Prozent übertrifft bisherige GuD-Kraftwerke um zwei Prozentpunkte, was zu einer Einsparung von CO2-Emissionen von etwa 43.000 Tonnen pro Jahr führt.
Die Idee zur Riesenturbine entstand 2000, ab 2001 arbeiteten rund 250 Ingenieure in Erlangen, Berlin und Mühlheim sowie in den USA an der Entwicklung. 7000 Einzelteile wurden in 22 Monaten Bauzeit zusammengesetzt, 2007 war der zu 95 Prozent aus Stahl bestehende Prototyp fertig. Er hatte nicht nur ein neues Design, sondern war auch deutlich größer und schwerer als bisherige Modelle. Die zentralen Neuerungen sind die Steigerung der Brenngaseintrittstemperatur von 1400 auf 1500 Grad Celsius und die größere Menge des Luft-Gas-Gemisches als Brennstoff.
Der kritischste Punkt bei der Neuentwicklung: Der Rotor kommt auf 3000 Umdrehungen pro Minute – hohe Fliehkräfte wirken und Temperaturen von bis zu 1500 Grad entstehen. Deshalb entwickelten die Ingenieure eine Schutzschicht aus Metall und Keramik und eine Luftdurchströmung der innen hohlen Schaufeln, die aus einer besonders bruchfesten Nickellegierung gefertigt sind.
Der Prototyp wurde im Kraftwerk Irsching in Bayern aufgebaut, der Testbetrieb begann im Dezember 2007. Während der folgenden anderthalb Jahre überwachten 3000 Sensoren und 100 per Datenleitung zugeschaltete Ingenieure Temperatur, Druck, Dehnung, Beschleunigung, Abstände, Schwingungen, Durchflussgeschwindigkeiten und Verformungen. Nach 1500 Betriebsstunden war die Testphase im August 2009 beendet, dann begann der Umbau: Die Gasturbine wurde demontiert, um die Sensoren zu entfernen, anschließend wurde sie wieder zusammengebaut. Gleichzeitig wird die Anlage in Irsching zu einem GuD-Kraftwerk ausgebaut. Im Frühjahr 2011 wird dieses umweltfreundlichste fossil befeuerte Kraftwerk der Welt den Betrieb aufnehmen.